Abschlussbericht
Maiturnier 2012
Vorläufig letztmalig trugen wir in diesem Jahr unser Maiturnier aus. Ab
der nächsten Saison soll zu diesem Termin die Vereinsmeisterschaft stattfinden;
das Maiturnier findet dann nach den Sommerferien statt und heißt dann dementsprechend
Sommerturnier.
Das Teilnehmerfeld war dieses Jahr klein (acht Teilnehmer), aber fein
- den recht neuen Mitgliedern
Schon am ersten Doppelspieltag musste Cliff passen, was zunächst noch
nicht weiter ins Gewicht zu fallen schien. Sören gewann sicher gegen Ulf, der
eine versteckte Gabel übersah, und Peter, der in ruhiger Stellung wild angriff
und seine Königsstellung zu sehr schwächte. Ich hatte gegen Rolf schnell großen
Vorteil, weil er schon früh falsch im Zentrum abwickelte und mit dem König in
der Mitte stecken blieb. Gegen Ulf habe ich mal was anderes gespielt als sonst,
bekam auch alle Züge, die ich mir erhofft hatte, wusste dann aber nicht so
recht weiter. Erst spät gewann ich einen wichtigen Bauern, der (mein Mehrbauer
natürlich, nicht Ulfs Minusbauer) dann das Rennen machte. Peter und Alexey
trennten sich remis, was Standard bei den beiden ist. Man täusche sich aber
nicht; in der Regel ist das kein Remis-Geschiebe, sondern die beiden gehen mit
dem Messer zwischen den Zähnen aufeinander los. Meist muss dann einer von
beiden Dauerschach geben, weil beide Könige entblößt sind. Bernd und Alexey
trennen sich auch remis, Details sind an mir vorbei gegangen.
In der nächsten Doppelrunde schlug Cliff Alexey, was für Beachtung
sorgte, weil Alexey im Schnellschach wirklich gefährlich ist. Rolf gewann gegen
Ulf, Sören gegen Bernd. Ich spielte gegen Peter - erneut was anderes probieren.
Ich verwehrte seinem Springer ein Feld im Zentrum, der allerdings einfach
diesen vorwitzigen Bauern schlug - toll. Bei meinem mindestens im Nachhinein
als untauglich erkennbaren Versuch, die Sache zu verkomplizieren, verschwanden
die Damen vom Brett, und ein weiterer meiner Bauern. Also den Damenflügel
abriegeln... gescheitert, Peter pflanzte seinen Springer auf ein nicht
angreifbares Feld, deckte ihn mit einem Freibauern, der von einem anderen Bauern
gedeckt war. Das war klar gewonnen für Peter, bedeutet aber auch
: klar verloren für mich. Nach einigen Manövern, bei denen diverse
Steine das Brett verließen, opferte Peter Material, um dann einen Bauern
umzuwandeln, für den er sich zu meinem erneuten Leidwesen eine Dame wünschte.
Zu meinem Glück war seine Zeit aber mittlerweile so sehr zusammengeschrumpft,
dass Peter meinte, Dauerschach geben zu müssen, und dies auch tat. Puhh.... In der zweiten Runde gewann ich gegen Bernd, auch
nicht ganz untypisch. Nach einem leichten Vorteil nach der Eröffnung meinte
ich, angreifen zu müssen, was relativ trocken entkräftet wurde. Erst im
Endspiel gelang es mir mit einer Fesselung in Vorteil zu kommen. Am Nebenbrett
mühte sich Sören gegen Cliff; eine sehr angespannte Stellung, mit klarem
Zeitvorteil für Cliff. In der post-mortem-Analyse
wurde ein deutlicher Vorteil für Sören nachgewiesen, aber es gibt eben einen
Unterschied zwischen Schnell- und Fernschach. Sören verlor (opferte?) eine
Figur, drang dann aber mit Dame und Turm auf Cliffs letzter Reihe ein. Recht
trocken antwortete dieser damit, dass er die optimistische Dame einsperrte. Das
erinnert mich an eine Szene aus einer Partie Taimanov-Fischer
in einem Kandidatenturnier (Endergebnis 0:6). Taimanov
versuchte dies und das, und schüttete sein Herz bei einem anderen russischen
Top-Großmeister aus : 'er sieht einfach alles'. In
einer Partie drang seine Dame tief in Fischers Stellung ein, nichts wirklich
drohend, aber eben irgendwie unangenehm nah. Und Fischer hatte nichts Besseres
zu tun als der Dame den Rückweg abzuschneiden, auch ohne direkt etwas zu
drohen. Kurz danach fiel dann Taimanov dem
psychischen Druck dieser Dreistigkeit zum Opfer. Bei Sören gegen Cliff ging es
ähnlich weiter. Sören brauchte mehr und mehr Zeit beim Versuch, das Problem der
eingesperrten Dame zu lösen. Cliff entfernte derweil einige Bauern, die absolut
schutzlos herumstanden. Ganz am Ende erzwang Cliff Damentauch, und da er
immensen Zeit- und Materialvorteil hatte, gab Sören auf. Und - Überraschung -
Cliff führte das Turnier an; mit blauem Vereins-Trikot und weißer Weste. Eine
schöne Partie war bei Ulf gegen Peter zu sehen; entgegengesetzte Rochaden und Attacke(n).
Für mich etwas überraschend gewann Ulf.
Doppelspieltag drei : Sören gewann gegen
Alexey, indem er alle angebotenen Steine in der richtigen Reihenfolge
herausnahm, und am Ende mit seinem riesigen Materialvorteil den entblößten
König erlegte. Ich musste mit schwarz gegen Cliff ran, und aufgrund des
Turnierstands war klar : ich musste gewinnen. Es wurde
eine scharfe Partie, in der ich nicht locker ließ und Cliff irgendwann erst
strategisch ungenau, dann taktisch fehlerhaft agierte - seine Dame war mein!
Cliff gab auf. Auch in der nächsten Runde ein harter Brocken : Alexey. Nach ca.
20 Zügen, in denen kein Stein geschlagen wurde, eroberte ich einen Läufer im
Zentrum, der keine Felder mehr hatte. Das ruinierte allerdings meine
Bauernstellung, und zig Züge lang war ich damit beschäftigt, Drohungen zu
entkräften und meine Stellung zu sichern. Irgendwann hatte ich einen ganzen
Turm mehr, und fühlte mich ganz sicher. Irren ist menschlich, ich gerate in eine
grauenvolle Fesselung; zu meinem Glück hat Alexey nur noch Sekunden. Ich gebe
meine Dame, das muss doch reichen. Tut es auch, gerade soeben. Zum Zeitpunkt,
als ich wahrscheinlich einem Dauerschach nicht mehr ausweichen kann, leuchten
auf Alexeys Uhr nur noch Nullen. Ich habe das zweite
Mal großes Glück gehabt. Cliff gewinnt gegen Ulf und es geht in die letzte
Runde.
Peter ringt Cliff ein remis ab (ist das nun eine Überraschung oder
nicht?), Bernd und Rolf trennen sich remis, Alexey gewinnt gegen Ulf. Meine
Partie gegen Sören wird vertagt. Ich habe einen halben Minuspunkt, Sören einen,
Cliff anderthalb. Ein remis würde mir reichen, aber ich weiß nicht, wie man
gegen Sören auf remis spielen soll, und spiele demzufolge aktiv. Sören hat
Läuferpaar und riesigen Freibauern am Rand, ich die bessere Stellung im Zentrum
und klaren Entwicklungsvorsprung. Nach Damentausch muss ich das Tempo
hochhalten, sonst konsolidiert Sören seine unbestreitbaren langfristigen
Vorteile. Das gelingt mir auch; in dem Maße, in dem mein positioneller Druck
steigt, schwindet seine Zeit. Am Ende dann ein Einsteller (ersatzlos ein Turm),
der Punkt geht an mich.
Damit bin ich im doppelten Sinn des Worts glücklicher Sieger des
vorerst letzten Maiturniers geworden. Hervorragender Zweiter Cliff, der
Ratingpreis geht an Peter, nur knapp vor dem punktgleichen Alexey. Euch beiden
herzlichen Glückwunsch! Viele spannende Partien wurden gespielt, die Qualität
war hoch. Schön auch, dass es trotz aller sportlichen Härte jederzeit sportlich
fair blieb.
von links: