Landeseinzelmeisterschaften
2015
Ein
Spielbericht – Ereignisbericht – Erfahrungsbericht
Am
28.03.2015 machte ich mich mit gemischten Gefühlen nach Hanerau-Hademarschen
auf, wo es für mich zum ersten Mal hieß, an einer Landeseinzelmeisterschaft mit
neun Spielen an sieben Tagen teilzunehmen. Also war es für mich nach nunmehr 50
Lebens- und 35 aktiven Spieljahren ein spätes erstes Mal. Überrascht musste ich
feststellen, dass ich im Hauptturnier mit meiner DWZ 1554 bereits an Rang 6 von
16 Teilnehmern rangierte, was meine Nervosität nicht minderte. Pünktlich
angemeldet hieß es dann lange warten und den Organisatoren bei den Bemühungen
die Daumen halten, alle Probleme in den Griff zu bekommen, bis
Zeremonienmeister Gerhard Meiwald mit etwas Verspätung die erste Runde
freigeben konnte. Warmspielen war die Devise der ersten Tage, denn eine
Turnhalle ist schwieriger auf Temperatur zu bringen, als den Schachspieler
selbst. Zudem war der Modus mit 40 Zügen in 1:30 h + 30 Sekunden pro Zug + 15
Minuten/30Sekunden für den Rest gewöhnungsbedürftig.
Meine erste
Partie bescherte mir als Gegner Ralf Dambrowski(SC
Agon Neumünster, 1369) und in einem sehr positionell geführten Spiel immer mehr
Raumvorteil und Druck auf den Königsflügel, sowie im Gegenzug sinkende
Nervosität. Nachdem ich ihn so hin manövriert hatte, dass beim folgenden
Abtausch der Damen ein Mehrbauer für mich über blieb, war ich mir meines Sieges
gewiss und fuhr nunmehr fast tiefenentspannt den ersten Punkt ein.
Kaum einmal
gewonnen bringt mir das Schweizer System in der zweiten Runde die schwarzen
Steine für das Spiel gegen die Nummer 1 der Teilnehmerliste Volker Recklies(SV Büsum, 1782) als Gegenüber. Es entwickelte sich
für mich eine zugeschobene Stellung mit leichten Stellungsnachteilen für mich,
in der ich zwar einen Freibauern zuließ, um diesen dann mit meinen Türmen zu
blockieren. Nachdem Volker die Damen vom Brett tauschte, konnte ich mit dem
König in seiner Stellung eindringen, sodass der König nicht zur Unterstützung
des b6-Bauern eilen konnte. Als ich Remis bot und die Uhr nicht richtig
umsprang(ein weiteres Organisationsproblem) nahm er an.
Überrascht,
wohin das wohl noch führen soll, folgte der erste Doppelspieltag, und bescherte
mir mit Weiß das Vereinsduell gegen Stefan Fuhrmann(1536), welches wir zu
Thorbens Verwunderung auch spielten. Ich war mir ziemlich sicher, eine gute
Verteidigung aufgebaut und das Zentrum beherrscht zu haben, als Stefan
plötzlich mit einer seiner Meinung nach undeckbaren Mattdrohung aufwartete. Als
mein Läufer seine Freude im Keim erstickte, war er nach zwei Stunden zum Remis
bereit.
Nun folgten
vier Stunden Leerlauf, um sich dann auf den nächsten Gegner Matthias Uschner(SC Agon Neumünster, 1455) einzustellen. Als ich für
meine schwarze Stellung kaum mehr etwas gegeben hätte, fing ich mal wieder an,
bis zum Umfallen zu verteidigen. Als mein Gegner entnervt mit dem Turm
einschlug, dafür zwei Bauern bekam, um mich irgendwie platt zu kriegen, brachte
ein Damenzug von mir erhebliche Drohungen gegen den König und einen ungedeckten
Läufer. Als ihn auch zwanzig Minuten Überlegens nicht weiterbrachten, gab er
auf.
Mit drei von
vier Punkten und Tabellenplatz 2 ging es am Dienstag an die nächsten schwere
Aufgabe mit den weißen Steinen gegen Rainer Wald(TuS Holtenau,1756), wo ich mir
zunächst ein starkes Bauernzentrum aufbaute und ihn mit d4 und Angriff auf den
Springer ins Grübeln brachte und ich auf ein Massenschlagen mit Bauerngewinn
hoffen konnte. Er fand allerdings die richtige Antwort und begann im Gegenzug
mit einem Bauervormarsch auf dem Damenflügel, dessen Druck schließlich zu groß
wurde und die erste Niederlage bedeutete.
Gegen starke
Gegner mit Weiß spielen zu dürfen, sollte ja schon von Vorteil sein, und so
wollte ich auch gegen Rüdiger Schäfer(SK Norderstedt,1774) mein Chance, die ich
nicht habe, nutzen. Dass mir der Gegner von Spieltyp her liegen könnte, habe
ich ja inzwischen gesehen und ihn aggressiv angegangen bis der Druck langsam
verpuffte. Ähnlich wie am Vortag ließ meine Verteidungsstellung
am Damenflügel zu viel zu, so dass auch die Schummelchance Grundlinienmatt
durch Läufer auf h6 verpuffte. Verloren.
Wie groß die
Wirkung meiner inzwischen auflebenden Erkältung auf die Partien hatte und hat,
kann ich schwer einschätzen, aber der Tiefpunkt kam dann nachmittags in der
siebenten Runde. Mit den schwarzen Steinen gegen Matthias Behrendt(SC Agon
Neumünster) wollte ich mit dem Kopf durch die Wand und auf der freien h-Linie
mit Turm, Springer und Läufer Betrieb machen ohne zu rochieren. Selbst das
aufmunternde Nicken von Zaungast Hauke einer von vielen im Laufe der Woche
vorbeischauenden Unterstützern wie auch Thorben, Sören, Kalle und Hajo, brachte
bei den diversen Einschlägen rund um den König nichts mehr. Es scheint als
gingen mir auch langsam die Körner aus.
Und so
setzte ich in der vorletzten Runde mit Schwarz gegen Rainer Möller(SV
Büsum,1294) noch einen drauf und spielte wie beim Blitzen e4 c5 Sf3 Sc6 d4 xd4
Sxd4 Db6 Le3 Dxb2 Sxc6 Dxa1 Ld4 Dxa2 und wurde aufgrund meiner gefräßigen Art
und dem hohen Entwicklungsvorteil der vier Leichtfiguren meines Gegner derart
bestraft, dass ich bereits nach dreizehn Zügen und einer Stunde zerknirscht
nach Hause fuhr.
Pünktlich um
9.00 Uhr am Karfreitag holte mich Thorben ab, um mich beim Abschluss meiner
ersten LEM moralisch zu unterstützen. Genauso nervös wie zu Beginn des
Turniers, jedoch diesmal am letzten Brett der Gruppe, begann ich mit Weiß gegen
Oliver Gätsch(Ratzeburger SC, 1305) einen vorsichtigen
Aufbau, den er dazu nutzen wollte alles zuzuschieben und nach zehn Zügen ein
Remis mitzunehmen. Erkennend, dass meine a-Linie der Knackpunkt sein wird,
lehnte ich ab. Der Einschlag meines Springers auf b4 sollte nur einen
Mehrbauern bringen, brachte aber einen Turm und der zentrale Bauerndurchbruch
meinen Gegner zur Aufgabe.
Vor dem
Turnier hätte ich sofort jedem die Hand geschüttelt, wenn er mir vier Punkte
vorausgesagt hätte. Jetzt weiß ich, dass bei diesem Feld viel mehr drinnen
gewesen ist und es hoffentlich bei einem nächsten Mal mit den gewonnenen
Erfahrungen anders laufen wird. Trotzdem bin ich zufrieden, dieses Turnier noch
so zuende gebracht zu haben und mit vier von neun Punkten noch Platz zehn
erlangt zu haben.
Jens
Bartels