O ha! SM in Heide: erstes Event
Was man dann mit Lautschrift und kreativer Zeichensetzung auslösen
kann... Es handelt sich aber nicht um ein Ü18-Ereignis. Das mag den einen oder
anderen enttäuschen, aber man kann es selten allen recht machen. OHSM ist die Abkürzung
für die Offenen Heider Stadtmeisterschaften, im Schach versteht sich ;-)
Cliff wollte gern mitmachen, und da kein anderer Fahrer bereit stand,
übernehme ich den Job. Und wenn ich schon mal da bin, kann ich ja auch
mitspielen. Es finden sich in angenehmer Atmosphäre in den bekannt tollen
Räumlichkeiten mit den üblichen Leckereien (Würstchen um 22 Uhr ist eine tolle
Idee; man muss nur darauf achten, dass man nicht gerade am Zug ist, sonst sind
sie alle, und zwar weg) knapp 30 Schachfreunde; die üblichen Verdächtigen sind
dabei.
Favorit und Nr. 1 der Setzliste ist Martin Kruse aus Hademarschen.
Weitere Chancen auf den Titel sind sicher auch den Einheimischen Sönke Becker
und Gerhard Meiwald einzuräumen, dazu dem jungen Weltenbummler Kenneth Nahnsen,
Dirk Clausen aus Hademarschen sowie Cliff und mir. Aber natürlich kann auch ein
anderer in den Besitz der Krone kommen, man weiß ja nie. Wer weiß, vielleicht
sorgen ja auch die Heider VL-Spieler Jan Honnens oder Burkhard Lewke, oder der
Hademarscher Dr. Martin Tiessen für eine Überraschung, indem sie einen Platz in
der Mitte des Siegertreppchens einnehmen?
Wie üblich sind einige Teilnehmer in der ersten Runde nicht rechtzeitig
da, und man wartet, ein kleines Schwätzchen inbegriffen. Dann geht’s aber los.
Die Turnierleitung übernimmt Michael Jendrian, der sicher (Mit)Favorit wäre,
hätte er sich den Spielenden angeschlossen. Ich hatte einmal das Vergnügen
gegen ihn zu spielen, an gleichem Ort. In einer Theorie-Variante, die wir auch
noch beide kannten, hatten wir aus irgendwelchen Gründen nach etwa 10 Zügen
weit mehr als eine Stunde verbraten. Das konnte heute nicht passieren.
Los ging’s… Am Spitzenbrett Martin gegen Karina Off, die sich vorab
bei mir herzlich für die Ehrung zum/r kämpferischsten Spieler/in beim
Heinz-George-Pokal bedankte. Karina spielt wie üblich aktiv, Martin setze
dagegen und kam zu einer besseren Bauernstellung. Einer dieser Farmer fraß sich
bis zur zweiten Reihe durch und erzwang im Schwerfigurenendspiel die
Entscheidung.
An Brett zwei hatte ich das Vergnügen gegen Eckhard Klütz. Ein früher
Figurengewinn aufgrund einer Gabel erzwang eigentlich die Entscheidung. Ich war
dann aber unsicher, wie man das am genauesten/sichersten/besten gewinnt und
ließ mir für einen Zug über 40 Minuten Zeit. Meide Gedanken waren bei Hübner,
der einmal gegen Petrosjan eine klare Gewinnstellung hatte (matt in vier, was
einem am Brett dummerweise keiner ins Ohr flüstert). Hübner beschrieb sinngemäß
die Situation so: „da ist man wie ein Schüler, der an die Tafel gebeten wird,
und eine absolut triviale Aufgabe lösen soll. Man sieht es nicht, und schlimmer
noch: alle anderen sehen es. Langeweile und Unruhe beginnen sich bei den
Mitschülern breit zu machen, manche malen in ihrem Heft herum, andere werfen
mit Papierkügelchen…“. Nun, ich machte dann aber doch irgendwann einen Zug, und
der war glücklicherweise irgendwo in der Reihe derer, die gewannen. Kurz danach
wanderte eine weitere Mehrfigur auf meine Seite, und
der Punkt auch.
Sönke Becker kam mit schwarz gegen seinen Vereinskameraden Norbert
Ruther zu einer besseren Bauernstellung, hatte dazu Einbruchschancen auf einer
halboffenen Linie. Dort drang dann auch Sönkes Turm ein und wanderte in der
weißen Stellung herum, ohne etwas zu drohen. Während ich dachte: und wenn jetzt
weiß… zieht, und dann das…, kommt der Turm in schwere See, und muss womöglich
einwilligen, sich gegen einen Läufer zu opfern, mit wahrscheinlicher
Verluststellung für Sönke. Fritz war nicht dabei, aber während meiner
Gedankenspiele schüttelte Sönke den Kopf; vermutlich mit ähnlichen Analysen wie
ich sie für ihn befürchtet hatte. Es kam aber anders: sein Gegner spielte
anders, und nach dem für ihn ungünstigen Tausch der Läufer ging’s schnell
bergab, zwei Mehrpüppchen (Preisfrage: welche?) im Bauernendspiel brachten die
Entscheidung.
Cliff spielte gegen den einzigen Burger im Teilnehmerfeld, Mike
Göring. Dieser spielte letztens im Mannschaftskampf mit unserer Zweiten gegen
Jens Bartels nicht schlecht, wurde aber dann Opfer seiner horrenden Zeitnot.
Cliff drückte und drohte, aber ob er je irgendeinen Hauch von Vorteil hatte
schien mir unklar. Mike stand sicher, solide, sauber. Cliff musste am
Damenflügel vorgehen, und tat das auch, was aber zu nichts anderem führte als
zu diversen Täuschen. Cliff hatte dann kurz vor Ende
das Läuferpaar als Ersatz für den temporär ungefährlichen Freibauern seines
Gegners (und vier Bauern gegen drei am K-Flügel zugunsten Cliffs). Mit
geschickten Manövern brachte er aber die verbliebenen Figuren Mikes in
Unordnung, und Mattdrohungen tauchten auf. Die Entscheidung brachte aber die
Uhr. Mit ganz wenigen Sekunden auf derselben bei etwa noch zehn zu spielenden
Zügen gab Mike auf. Mein Gefühl sagt mir, dass das eine sehr gute Partie von
beiden war; auch Cliff war mit sich zu Recht zufrieden, auch wenn sein Gegner
vom Ranking her klar schwächer einzuschätzen war. Seinem Spiel merkte man das
nicht an.
In weiteren Partien, die ich aber nicht oder nur vage verfolgen konnte,
gewannen Gerhard Meiwald gegen Ulf zum Felde (dem dritten Itzehoer), Dirk Clausen
gegen Jan Marten Gemkow und Dr. Martin Tiessen gegen Timo Maaß.
Ulrich Weber gegen unseren und Euren Kenneth… nix los, als ich das
erste und das zweite und drittemal vorbei schlenderte. Tot remis, als ich
wiederkam, Kenneth ging sogar mit seinem König im Bauerendspiel zurück. Never
never never (geklaut aus Dchungelcamp, ich weiß) kann Kenneth das gewinnen.
Ulrich wollte aber gewinnen, erzwang einen Bauerntausch, und fand sich sofort
in einer elementar verlorenen Position ob des Themas entfernter Freibauer
wieder. Das war schlicht Selbstmord… Hans-Henning Carstens schnappte früh Silke
Bannasch eine Figur weg, die vorher ausgesprochen gut stand. Nach langen
Manövern opferte Hans-Henning eine Figur für ein paar Bauern, die schnell an
Zahl zunahmen, und die Entscheidung erzwangen.
Burkhard Lewke stand haushoch überlegen mit seinen Springern gegen Jan
Nissen. Als sein Gegner auch dann einen Springer aktivieren wollte, wurde er
schnell Opfer einer tödlichen Fesselung. Christian Hellmann drohte bei Minusqualität
und einer Dame auf b4 dem Gegner Hans-Christian Ackermann Grundlinienmatt,
wahlweise auf b8 oder f8. Nun kann man ein Luftloch machen, was ein Manövrieren
von Schwerfiguren auf der sechsten Reihe verunmöglicht, oder man kann ein
Schwerfigur auf der letzten Reihe lassen, oder man kann die ökonomischste Lösung
ausführen: ein Springer d7 deckt beides. Und man hat Dame und Turm für
Offensivaktionen frei, und erzwingt matt. Hübsch!
In der letzten noch laufenden Partie spielte Jan Honnens blitzsauber mit
schwarz gegen Rainer Möller. Es sah ein wenig aus wie TT in Brokdorf beim
Pokal. Dem Gegner einen Doppelbauern verpassen, immer die richtigen Figuren
tauschen, beim Manövrieren die schwachen gegnerischen Bauern vom Brett nehmen, den
Punkt einsacken. Jan gewinnt einen Bauern, hat dann im Doppelturmendspiel mit
beiden Türmen die einzige offene Linie, die weißen Bauern sind ausnahmslos
schwach, ein weiterer fällt… Rainer Möller startet wohl oder übel eine
Verzweiflungsaktion am Damenflügel, Jan reagiert nicht adäquat, ein Turmpaar
wird getauscht, der weiße Turm bindet in aktiver Stellung den schwarzen an
seinen letzten am Damenflügel verbliebenen Bauern. Schon nicht mehr klar
gewonnen, die Stellung, wenn überhaupt. Das Ende der Partie zu sehen war uns
nicht mehr vergönnt, aber die Partie endet tatsächlich remis… die einzige
kleine Überraschung an diesem Abend.
In der nächsten Runde spielen die beiden Martins aus Hademarschen
gegeneinander, Sönke Becker trifft mit Burkhard Lewke gleichfalls auf einen
Mannschaftskameraden, Cliff trifft auf Hans-Henning Carstens, Dirk Clausen auf
Angelika Maaß, und ich darf mich mit Kenneth auseinandersetzen. Wenn er weiter
soviel Glück damit hat, dass sich seine Gegner selbst schlagen, setze ich
besser gar nicht erst ans Brett. Aber ehe man mir Feigheit vorwirft, tue ich es
vielleicht doch lieber. Mal sehen…
Und eines noch: Cliff und ich waren 45 Minuten vor Rundenbeginn da,
einen Blick vorher auf den zweitgrößten Marktplatz Europas inbegriffen (früher
war’s mal der größte, aber mittlerweile ist anderer größer, welcher noch?). Und
alle 14 maximal nötigen Bretter sind aufgebaut, inklusive Uhren, inklusive
Partieformularen, inklusive allem (Champagner gibt’s erst später, ich weiß)!
Vorbildlich…
Und ein letztes noch: Gerhard, ja, wir sollten die historisch guten
und freundschaftlichen Beziehungen zwischen unseren Vereinen wieder etwas mehr
pflegen. Nun hab ich’s ja auch schriftlich.
Egbert Hengst