OHSM Runde 6: Cliff ist vorzeitig Sieger der OHSM 2014!
Unser übliches Gespräch über die jeweilige Vorbereitung war für mich
mal wieder instruktiv. Cliff hatte sich eine Variante angesehen, die Kenneth
immer spielt, dort dann kurzerhand eine neue Idee kreiert, und die per Computer
geprüft. Siehe da, es funktioniert. Ich war mehr als verblüfft, wie kann man in
der ruhigen Stellung nur auf so eine Granate kommen?! Armer Kenneth, der Junge
kriegt einen Herzschlag. Meine Frage, ob Cliff mit einem remis zufrieden sei,
was ihm den Turniersieg näher bringen würde, wird trocken beantwortet: „nein“.
Ehre, wem Ehre gebührt – die beiden Jungstars am ersten Brett
gegeneinander. Ein gutes Zeichen für die Nachwuchsarbeit im Nordwesten
Schleswig-Holsteins. Weitere Talente vornehmlich aus den Heider Reihen durfte
ich vor dem Start bewundern. Da wachsen weitere Talente heran, keine Frage.
Aber nun los… Kenneth hat den Braten gerochen und spielt ganz was
anderes. Cliff baut sich erstmal sauber auf, ohne um sich zu schlagen. Kenneth
geht vor, hat am K-Flügel eine beeindruckende Anzahl Bauern, die drücken und
schieben und drohen, die gegnerische Festung zu überrollen. „Schach“ sagt
Cliff, ohne es zu sagen, und entfernt einen Läufer am gegnerischen Damenflügel.
Kenneth nimmt auch eine Figur. Beide bedrohen jeweils weitere Figuren, und
Cliff packt zu. Den angegriffen Läufer wegziehen und den gegnerischen Springer
nochmals angreifen und diesen an den Rand zwingen.
Ich bin mit schwarz gegen
Sönke hat Vorteil gegen Karina, ein Riesenfeld auf e6, auf dem sich
fast tödlich ein gedeckter Läufer festsetzt. Auch am Damenflügel steht Karina
mit dem Rücken zur Wand. Sönkes Bauernspitze ist dort bereits weit vorgestoßen,
ein Bauernverlust darf dort Karina nicht passieren, sonst hat sie eine halbe
Dame weniger.
Cliffs Läufer beherrschen das ganze Brett. Der einsame Springer wird
erobert, Kenneth geht ohne Umschweife mit seinem Bauernrudel vor, und muss ohne
Kompensation erneute Materialnachteile in Kauf nehmen. Ich erinnere mich an
eine Sensation in einem Vereinsturnier, als ein erheblich stärkerer Spieler
gegen einen schwächeren fast sensationell verlor. Erklärung des Stärkeren, der
wegen seiner scharfen Angriffe gefürchtet war: „er hat einfach alles in der
richtigen Reihenfolge herausgenommen“. Hat Cliff auch, aber er ist eben nicht
der erheblich schwächere Spieler. Schließlich greift Cliffs Dame auf einem
gedeckten Feld alle drei verstreuten weißen Schwerfiguren an. Kenneth will
keinen Damentausch, deckt den einen Turm. Cliff nimmt den anderen mit Schach
und bekommt kurz danach die Glückwünsche, zuerst die von Kenneth, der ja
Sekunden vor uns wusste, dass Cliff nun den Turniersieg in der Tasche hat.
Großartig, eine bärenstarke Leistung bisher!
Ulf hat sicher Rainer Möller, den er letztens schon im
Mannschaftskampf besiegte, in die Schranken verwiesen. Figur mehr, Bauern am
Damenflügel mehr, und Angriff. Das reichte, sicherer Punkt.
Eine Traube Neugieriger am Brett von Sönke und Karina. Sönke hat immer
noch seinen Riesenläufer, Karina hat aber gewaltige Fortschritte gemacht. Ein
sehr weit vorgerückter Bauer, ein Monsterspringer, da sind Mattgefahren. Beide
haben etwa noch drei Minuten für ca. sechs Züge. Karina muss jetzt Sg3 spielen…
kommt auch, aber mehr als die Hälfte der Zeit verbraucht sie mit der Berechnung.
Der Springer kommt auch noch nach e2, der als Rache für seinen Verlust einen
Turm das Leben kostet. Und auch noch ein Bauer am D-Flügel wandert auf Karinas
Seite. Sönke stopft mit seinem Riesenläufer die f-Linie, ob das genug
Kompensation ist? Egal, Karina verliert durch Zeitüberschreitung. Zu schade,
das hat sie toll gespielt.
Burkhard gegen Dr. Martin Tiessen lautet die letzte Paarung. Diesmal
kein Drama, Burkhard hat im Bauernendspiel einen mehr, in symmetrischer
Stellung. Martin gibt auf. Und doch… man erzählte mir, dass irgendwann mal in
der Partie sich beide Könige auf benachbarten Feldern gegenübergestanden haben,
ohne dass das einer der beiden Helden bemerkt hätte. Es wurde einfach weiter
gespielt. Klar, wenn der gegnerische König dem eigenen durch Zunahetreten
Schach sagt, muss mal wohl weg ;-) Zugegeben… Hörensagen, aber die Geschichte
ist trotzdem amüsant.
In der letzten Runde spielt Cliff (sechsaussechs!) gegen Sönke (4,5),
und kann Schaulaufen machen. Ich kenne ihn mittlerweile ganz gut, und ich weiß:
Cliff will die 100% durchziehen, da werden keine Gefangenen gemacht. Der
berühmte Radfahrer Eddy Mercks war gefürchtet, weil er immer und immer gewinnen
wollte. Auch wenn der Gesamtsieg in der Tour de France schon fest stand, wollte
er auch noch den Sprint auf dem Champs-Elyses gewinnen, statt wie üblich mit
einem strahlenden gelben Trikot in die Menge zu winken. Das brachte ihm unter
seinen Kollegen den Spitznamen „der Kannibale“ ein, ein Zeichen allergrößter
Wertschätzung. Unser Cliff ist aus genau diesem Holz geschnitzt, auch wenn er
nicht Weltklasse ist. An Brett zwei spiele ich (4,5) gegen Burkhard, der eine
ganze Riege von Spielern anführt, die vier Punkte auf dem Konto haben. Früher
war ich mal stolz darauf, dass man nicht gern gegen mich spielt. Ist nicht
mehr. Burkhard zu mir: „da habe ich mich schon die ganze Zeit drauf gefreut“.
Es sei…
Ehre, wen Ehre gebührt:
Cliff ist Sieger der offenen Heider Stadtmeisterschaften 2014! Mit
voller Punktzahl, sehr souverän gespielt bisher. Herzlichen Glückwunsch, mein
Lieber!