Zum Thema Warmspielen
„Du solltest auf den Läufer
aufpassen, der hat die falsche Diagonale im Visier“, fordert die neue Herzdame
ihrem König nach der Rückkehr vom anderen Ende des Brettes auf.
„Ein Läufer kann nicht
türmen, selbst wenn er Springerstiefel trägt.“ erklärt der König seiner
Gefährtin, „Und jetzt zieh' Dir endlich diese Wollsocken aus, Du läufst ja
herum wie ein Bauer“. Schnippisch entgegnet sie: „Du gehst rochieren und
kuschelst Dich ins warme Eckchen und ich soll hier mit kalten Füßen die Stellung
halten“.
Ganz en passant tritt ein
kühner Ackermann vor den König und meldet: „Schach!“ Das erschreckt den König
sehr und er beginnt sich Gedanken über seinen Platz auf dem Brett zu machen.
Bei genauerer Betrachtung fällt ihm auf, dass dieser Platz äußerst gering
bemessen ist. Eigentlich ist ihm sogar nur das Fleckchen verblieben, auf dem er
sich gerade befindet. Er wird diesen dreisten
Kerl selbst zur Rechenschaft ziehen müssen. Mit eigenen Händen bringt der
König den Eindringling um das Feld, welches dieser unrechtmäßig zu bestellen
die Absicht hatte.
Jetzt freilich genießt die
Majestät das Gefühl von neu errungener Freiheit. Er tritt von hinten auf seine
Dame zu, tippt sie leicht auf die Schulter und zwinkert lächelnd „J´adoube!“.
Anschließend wird der König nicht matt, seiner Dame die Gedanken an kalte Füße
zu vertreiben.
Hans-Joachim Siewert